Mein erster Friseurbesuch mit Drama

Gestern hatte ich meinen ersten Friseurbesuch seit ungefähr einem Jahr. Als die Haare nach Ende der Therapie wieder begonnen zu wachsen, ließ ich noch einmal alles auf die gleiche Länge kürzen und seither ließ ich sie ohne Schnitt wachsen.
Ich hatte mich sehr auf den Friseurbesuch gefreut, waren sie doch inzwischen im Nacken deutlich länger als an den Seiten und ich wollte nun endlich eine „Frisur“ haben.
Derzeit darf man den Friseursalon ja nur mit Mundschutz und desinfiziert betreten, man leistet eine Unterschrift, dass man „gesund“, also ohne Covid19-Symptome ist und hinterlässt brav ohne jegliche Datenschutzhinweise und -einverständniserklärungen seine Adresse und Telefonnummer. Derzeit liegen die Prioritäten plötzlich anders.

Wir einigten uns darauf, hinten etwas zu kürzen und nach vorn hin anzugleichen. So richtig gefiel mir das jedoch nicht und wir schnitten schließlich auch die Haare im Nacken auf die gleiche Länge wie vorn.
Von vorne sah das ganz ok aus, von hinten jedoch furchtbar. Die Rückfahrt über dachte ich schon über das Bild von hinten im Spiegel nach und je mehr ich darüber nachdachte, desto übler wurde mir und ich war völlig unzufrieden und unglücklich.
Ich fühlte mich irgendwo zwischen Playmobil-Figur und Prinzessin Fantaghirò. Ganz furchtbar.
André bohrte nach, ob ich schon mal bei der Friseurin war, ob sie das überhaupt „kann“, warum sie so akkurat gefönt hat usw. Die Länge war für ihn ok, aber nicht die Art des Stylens. Anstatt mich einfach in den Arm zu nehmen, fragte er immer mehr und sah nicht meine Not. Ich wurde wütend, traurig, wollte einfach nur weg. Die Tränen flossen.
Es war der schlimmste Tag seit langem. Gab es doch so viel positives in den letzten Tagen und jetzt kam alles – die ganze Anspannung der letzten Wochen und Monate – über mich hereingebrochen. Die Wochen im Homeoffice mit André und den Kindern, die zeitweise Quarantäne, wo ich gar nicht nach draußen konnte, aber auch die vielen schönen Nachrichten, Erlebnisse und positiven Veränderungen.
So waren die mühevoll gewachsenen Haare mit einem mal nicht mehr da. Und für uns Frauen bedeuten Haare doch so viel. Während der Krankheit und danach konnte ich das gut akzeptieren, aber jetzt wollte ich mich einfach nur wieder weiblich und schön fühlen. Und dazu gehören für mich Haare, die ich im Nacken spüre.

Irgendwann konnte André mich etwas beruhigen und heute kann ich schon wieder darüber lachen. Ich drehte mir gleich früh am Morgen wieder meine Locken ein und fühlte mich so viel besser. Der Lockenstab wird mich also noch eine Weile begleiten und ist zu einem treuen Freund geworden.
Der Schnitt ist ok, nun habe ich überall eine Länge und kann sie gleichmäßig lang wachsen lassen. Aber sie hätte es tatsächlich etwas moderner und besser stylen können.

Heute waren wir in der Stadt spazieren, es war wundervolles Frühlingswetter. Wir waren ganz spontan in unserem Lieblingscafé, das nun endlich wieder geöffnet hat (natürlich mit dem notwendigen Abstand zu allen anderen), haben die Sonne genossen und während Elias seinen Mittagsschlaf hielt, naschte Noah sein Lieblingsschokoladeneis und wir tranken einen Cocktail.

Und die Frisur mit Löckchen darf nun gern wieder öfter ausgeführt werden.