Meine Diagnose ist heute nun genau 2 Jahre her und es hat sich so vieles verändert. Vieles zum Positiven. Vieles ist mir – ist uns – bewusster geworden.
Die Vergänglichkeit des Lebens – jeden Moment zu genießen und JETZT zu leben, nicht alles auf morgen zu verschieben.
Die kleinen Dinge zu genießen – den Sternenhimmel, das Meer, die Berge, die Blumen, lachende Kinderaugen – ein schönes Gläschen Wein mit lieben Menschen zusammen, über das Leben und die Geheimnisse dieser Erde und des Universums zu sinnieren.
Damals kannte ich meinen Weg noch nicht, wußte noch nicht, wie ich mit der Krankheit umgehen werde.
JA, ich hatte Todesangst und viele schlaflose Nächte. Aber es musste weiter gehen, Noah war noch keine 2 Jahre alt, ich war mit Elias in der 32. Schwangerschaftswoche.
Am Tag der Diagnose fuhren wir alle zusammen an die Pöhl und hatten einen so schönen Abend am Wasser. Ich wollte nicht sterben, ich möchte meine Kinder groß werden sehen und mit ihnen zusammen Spaß haben, lachen und an den Herausforderungen des Lebens wachsen.
Die Aufgabe war nicht leicht, aber die Geburt von Elias gab mir Hoffnung und Antrieb. Meine Kinder gaben mir alle Kraft, ihre Liebe, ihr Lachen und hielten mich aktiv und lebendig.
Schon relativ zeitig begann ich, meinen Weg aufzuschreiben, anfangs nur für mich, irgendwann schaltete ich den Blog für die Öffentlichkeit frei. Ich nannte ihn „Pusteblumenwiese“. Ich dachte nie wirklich darüber nach, warum.
Ich mochte Pusteblumen schon immer, doch erst jetzt habe ich mich mit der Bedeutung und der Einzigartigkeit der Pusteblumen beschäftigt.
Sie sind ein Symbol für das Loslassen und die Vergänglichkeit. Pusteblumen können nur entstehen, wenn die Blüte des Löwenzahns verblüht ist, um dann den Samen zu verteilen. Dazu genügt nur ein leiser Windhauch und die Samen der Pusteblumen wehen in alle Richtungen. Somit steht sie genauso für Aufbruch, Ungebundenheit, Freiheit und Neuanfang.
Dem Löwenzahn werden zudem viele Heilwirkungen zugeschrieben: schmerzstillend, beruhigend, kräftigend und wieder aufbauend.
Ich liebe Pusteblumen, vielleicht gehören sie nicht zu den schönsten aller Blumen, auf jeden Fall aber zu denen, die zum Nachdenken anregen.
Heute geht es mir wieder gut. Ich hatte Glück, nach der Chemotherapie wurden keine aktiven Krebszellen mehr gefunden. Ich hatte kaum Nebenwirkungen. Ich konnte mich weitestgehend um meine Kinder kümmern.
Heute bin ich krebsfrei und bezeichne mich als „gesund“. Genauso gesund, wie jeder andere Mensch auf der Welt, der nicht weiß, was vielleicht tief in ihm schlummert. Genauso gesund, wie jeder andere Mensch, der jeden Tag ins Auto, in die Bahn, ins Flugzeug steigt. Aus der Nähe betrachtet, alles alltägliche potenziell lebensgefährdende Tätigkeiten.
Ich mache mich nicht verrückt, ich genieße das Leben, meine Familie, meinen neuen Job.
Vielleicht fragt sich der ein oder andere, warum ich mich weiterhin mit dem Thema Krebs beschäftige, meinen Blog weiter führe, mich in der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs engagiere. Ich habe vieles miterlebt, viele Kämpfe und Diskussionen mit Ämtern und Behörden ausgetragen, einige Auskünfte falsch erhalten, manche zu spät bekommen. Ich habe erlebt, wie eine Krankheit behandelt wird und der Mensch dabei nur funktioniert. Dabei teilweise nicht in Entscheidungen mit einbezogen wird oder zu wenig begleitende Therapien und Behandlungsmöglichkeiten angeboten werden. Vieles musste ich selbst recherchieren, erfragen und durchsetzen. Ich für mich konnte das. Wie viele können das nicht, sei es aufgrund des Alters, Nichtwissenheit oder extremer Nebenwirkungen.
Dabei sollte der Mensch mit seinen Wünschen und Bedürfnissen immer mit einbezogen werden. Der Mensch sollte im Mittelpunkt stehen.
Krebs ist für mich eine Herzensangelegenheit geworden. Ich möchte Mut machen, aufklären, enttabuisieren, auf Vorsorgemöglichkeiten erinnern und andere auf ihrem Weg unterstützen.
Allen Betroffenen drücke ich von Herzen meine Daumen.